Nummer 28 vom 5. bis 8. Juli 2018

„It was magical“

Magie lag in der Luft, da war sich die israelische Musikerin und Friedensaktivistin Yael Deckelbaum sicher. Denn Tausende feierten sie beim Eröffnungskonzert, obwohl es  in Strömen regnete. Der gemeinsame Auftritt israelischer und palästinensischer Frauen war der Auftakt zu einem Festivaljahrgang, der so „politisch wie selten“ daherkam. Diesen Eindruck, den Matthias Zwarg in der Freien Presse festhielt, teilten offenbar viele. Dabei hatte sich das Festivalteam dies gar nicht ausdrücklich vorgenommen, es ergab sich vielmehr über die Vorbereitungszeit so und führte dazu, dass Christoph Dieckmann dann in der ZEIT notieren konnte: "... noch nie stand das Welt-Fest so gegen den Zeitgeist wie heute."

Die pure Absicht war unser Special zum Arbeiterlied „Nie kämpft es sich schlecht für Freiheit und Recht“. Das Songposium, ein Konzert mit sechs unterschiedlichen Ensembles, eine internationale Konferenz, Workshops, eine Ausstellung u.v.m. waren diesem unterschätzten Genre von den Anfängen bis zu modernen Protestsongs gewidmet.

Von langer Hand geplant hatten wir natürlich auch unseren Länderschwerpunkt. Estland mit seiner außergewöhnlich lebendigen, kreativen Folkszene mussten wir diesmal einfach ins Programm heben. Nach Rudolstadt kamen u.a. die Star-Folkies Curly Strings, das schräg charmante Duo Puuluup und zwei der bekanntesten Stimmen Estlands, Mari Kalkun und Maarja Nuut. Der  Sound schwebte also zwischen archaischen und experimentellen, visionären Facetten. Das beeindruckte auch den Botschafter Estlands in Berlin, Dr. Mart Laanemäe: „Die Möglichkeit, so viele estnische Musikgruppen an einem Tag zu erleben, gibt es sogar in Estland sehr selten. Überall trafen sie auf ein begeistertes Publikum.“

Die komplette Liste der Musiker*innen, die dem Publikum in diesem Sommer besondere Momente geschenkt haben, ist wieder zu lang für diesen kurzen Rückblick, aber MDR Kultur urteilte: „Das war große Kunst in einer Vielfalt, wie sie wohl kein zweites Festival bieten kann, zumindest in Deutschland.“ Da kann das Line up so schlecht nicht gewesen sein.

Ein Mann muss aber unbedingt noch besonders bedacht werden: Uli Doberenz. Seit 1991 bildete er gemeinsam mit Petra Rottschalk eine Doppelspitze. Petra bleibt dem Festival treu, aber Uli hat sich am letzten Festivaltag 2018 in den Ruhestand verabschiedet. Unter tosendem Applaus und so mancher Träne. Zum Glück bleibt er noch als RUTH-Sprecher dabei. Ein Glück auch, dass das Team seine Nachfolgerin schon gut kennt: Simone Dake, die 1992 zum Festival stieß. Sie leitete u.a. das Festival- und das Künstlerbüro. Weiter geht’s also! Schon wartet die nächste Ausgabe...